Ich habe noch nie Roulette gespielt und werde es wohl auch nie tun. Dazu ist mir die Mathematik zu eindeutig. Da verliere ich mein Geld lieber an der Börse, wo es zumindest eine Gewinnchance gibt. Aber die vielen, die sich hier auf- und unterhalten, scheinen andere Erfahrungen gemacht zu haben, sonst wären sie nicht hier. Da kann man wirklich den Eindruck gewinnen, als wäre etwas dran an den Systemen und Strategien, obwohl der gesunde Menschenverstand ebenso wie das Einmaleins dsa Gegenteil behaupten. Was mich zu der Vermutung bringt, dass in einem solchen Forum und überhaupt in der Selbstdarstellung der Branche sich nur diejenigen äussern, die - auf welchem Weg auch immer - Spielerfolge erzielen konnten. Die anderen, die es selbstverständlich geben muss (schon aus Gründen der Wahrscheinlichkeit, aber auch, weil es sonst keine Casinos gäbe), sitzen hinter dem Ofen und lecken ihre Wunden und sagen sich: Nie wieder. Bis sie das nächste Mal hereinfallen. Wie an der Börse eben. In einem Buch von Kurt Vonnegut (ich glaube: Cat's Cradle) wird eine Religion beschrieben, deren Leitgedanke "God the utterly indifferent" ist. Für deren Anhänger ist es eine Sünde zu sagen: Gott hat es gut mit mir gemeint. Diejenigen, die beim Roulette Glück gehabt haben, und den Erfolg ihren Systemen oder ihrer Intuition zuschreiben, befinden sich demnach im Stande der Sünde. Bei den Christen heisst dieser Irrtum Hoffahrt. Die Psychologen haben sicherlich auch einen schönen Namen dafür. Oder glaubt ihr wirklich daran, dem Schicksal in den Rachen greifen zu können?