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  • 8 months later...
Geschrieben
Ich denke,

dass dieser Thread es ab und zu verdient hat

mal wieder noch oben zu kommen :werweiss:

Psi

"Das 5. Element

Störung aus der Zukunft

Wird das Cern von geheimnisvollen physikalischen Kräften sabotiert?

Zwei Physiker behaupten das allen Ernstes

Das hat den gebeutelten Forschern am Cern gerade noch gefehlt. Nicht nur, dass sie sich vor dem Start ihres neuen Riesenbeschleunigers mit dem absurden Vorwurf herumschlagen mussten, der Large Hadron Collider (LHC) produziere gefährliche schwarze Löcher, die am Ende die Erde verschlingen könnten. Nicht nur, dass der LHC dann kurz nach seinem Start einem Kurzschluss zum Opfer fiel, der mehrere supraleitende Magnete zerstörte, Tonnen von tiefgekühltem Helium freisetzte und seither die größte und teuerste Experimentiermaschine der Welt lahmlegt. Nun, wenige Wochen vor dem mit Spannung erwarteten Neustart des LHC, behaupten auch noch zwei Physiker allen Ernstes, der Riesenring werde gewissermaßen aus der Zukunft sabotiert.

Schuld an den LHC-Pannen ist nämlich, so die Theorie von Holger Bech Nielsen und Masao Ninomiya, das lange gesuchte Higgs-Boson. Die Entdeckung dieses Elementarteilchens, das allen anderen Materiebausteinen ihre Masse verleihen soll, ist eines der Topziele, die man mit dem neuen Beschleunigerring am europäischen Kernforschungslabor Cern in Genf endlich erreichen möchte. Doch was, wenn das - bislang nur theoretisch vorhergesagte - Partikelchen die merkwürdige Eigenschaft hätte, sich seiner Entdeckung zu widersetzen? Könnte es nicht sein, dass der Nachweis eines einzelnen Higgs-Bosons den Naturgesetzen so zuwiderliefe, dass diese dafür sorgten, dass es gar nicht so weit kommt? Die ärgerliche LHC-Panne wäre damit nichts anderes als die Intervention aus der Zukunft: Schon allein die Möglichkeit einer künftigen Higgs-Entdeckung hätte nämlich Kräfte in Gang gesetzt, die in der Gegenwart ebendiese Entdeckung vereitelten - ähnlich wie ein Zeitreisender, der in die Vergangenheit reist, um dort seinen Großvater umzubringen.

Was wie ein verrücktes Science-Fiction-Szenario klingt, ist für Nielsen und Ninomiya eine durchaus ernst gemeinte Theorie. Die beiden Physiker - der eine vom Niels-Bohr-Institut in Kopenhagen, der andere vom Yukawa-Institut für Theoretische Physik in Kyoto - haben auf der Physik-Website arXiv.org mehrere Arbeiten veröffentlicht, die so ungewöhnliche Titel tragen wie Test eines Effekts aus der Zukunft auf den Large Hadron Collider. Und seit die New York Times darüber groß berichtete, ist in den einschlägigen Blogs die Hölle los. Verschwörungstheoretiker sehen damit ihre wildesten Fantasien bestätigt, andere erinnern an das ungewöhnliche Schicksal des amerikanischen Superconducting Supercollider (SSC), der schon in den neunziger Jahren das Higgs-Boson aufspüren sollte - dann aber 1993, nachdem bereits Milliarden von Dollar verbaut worden waren, überraschend vom amerikanischen Kongress gestoppt wurde. Zeigte sich auch darin schon das Wirken der geheimnisvollen Higgs-Kraft aus der Zukunft?

Für Schriftsteller vom Schlage eines Dan Brown, die es mit der wissenschaftlichen Wahrheit ohnehin nicht so genau nehmen, ist die Theorie von Nielsen und Ninomiya jedenfalls der perfekte Stoff für den nächsten pseudowissenschaftlichen Thriller. Dass in der Physikszene die beiden Querdenker allerdings kaum ernst genommen werden und dass ein kritischer Beobachter wie Peter Woit ihre Theorie in seinem Blog "Not even wrong" als "ärgerliche Verrücktheit" geißelt, dürfte der Popularität des Zeitreise-Gedankenspiels kaum Abbruch tun.

Bleibt nur eine Möglichkeit, das Rätselraten um das Higgs-Boson ein für allemal zu beenden: seine definitive Entdeckung. In den wenigen Wochen soll der LHC wieder anlaufen und während des nächsten Jahres dann allmählich seine volle Leistung erreichen. Mal sehen, ob sich die Zukunft dann noch einmal meldet.

Ulrich Schnabel"

DIE ZEIT vom 29. Oktober 2009, S. 36

Café :klatsch01:

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